1. Vorsitzende
Geschäftsführerin
Schriftführer
Die Vorstellung, in Schöningen müsse es einen Kunstverein geben, entstand im Herbst 1991 im Atelier des Schöninger Künstlers Peter Buck. Schnell entschlossen wurde – in den Räumen des Heimatvereins – der Plan der Öffentlichkeit vorgestellt, dann auch umgehend eine Satzung erarbeitet, die den Anforderungen der Gemeinnützigkeit entsprach, und am 4. Dezember fand die Gründungsversammlung im Ratskeller statt.
Ein ungeheurer Elan beflügelte das erste Vorstandsteam. In Eigenarbeit wurden die beiden Räume am Brauhof hergerichtet, die nötigen Plakate selbst gedruckt und nur solches gekauft, was nicht selbst herzustellen war. Man konnte ja auf nichts Vorhandenes zugreifen.
Im Umfeld war die Anfangszeit zunächst von großer Skepsis begleitet: Würde sich ein Verein, der rein auf die bildende Kunst spezialisiert war, halten können - und das in einer Kleinstadt in eher ländlicher Umgebung? In dieser Situation erwies es sich als Glücksfall, dass das Unternehmen Unterstützung und Ermutigung durch die Stadt Schöningen erfuhr, die damals repräsentiert war durch ihren Bürgermeister Siegfried Pause sowie ihren Stadtdirektor Jürgen Lübbe. In der Kunstszene galt die Gründung als „mutig“; es gab deshalb von Anfang an Künstler*) von Format, die sich für Ausstellungen zur Verfügung stellten, auch um damit die Absichten des Vereins zu unterstützen.
Einen wesentlichen Aufschwung brachte das Jahr 1997: Die Wohnräume auf der vom Kunstförderverein genutzten Etage wurden frei, die Stadt stellte sie der Kunst zur Verfügung und baute sie – mit beträchtlichen Zuschüssen der Stiftungen NORD/LB-Öffentliche und Scahaningi sowie der Volksbank Schöningen – zu einer Galerie aus, die keinen Vergleich zu scheuen braucht. Es entstanden „die schönsten Ausstellungsräume im Umkreis“, wie viele Künstler und Besucher urteilten. Und in dieser Gestalt, mit lediglich einigen praktischen Ergänzungen, stellt sich der Verein auch heute noch der Öffentlichkeit dar.
Hinzu kam, dass das Programm auch überörtlich als förderungswürdig beurteilt wurde und die Unterstützung der „Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz“ gewann. So kann der Verein seinen Künstlern bessere Bedingungen bieten, sie bei den Transporten der Arbeiten unterstützen, für niveauvolle Einführungen sorgen und mit ansprechenden Plakaten und Einladungen an die Öffentlichkeit treten.
Die Kunst zu fördern, dieses Ziel wurde ausdrücklich im Namen verankert. Und das wurde und wird in einem weit gefassten Sinne verstanden. Einmal bedeutet es, Künstlern die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Arbeiten zu zeigen. Andererseits, und damit verbunden, soll es den Bewohnern von Schöningen und seiner Umgebung den Kontakt mit zeitgenössischer Kunst ermöglichen.
Das Ziel, ein Verein für Schöningen. zu sein, schließt eine Wirkung über die Ortsgrenzen hinweg nicht aus. Es ist im Gegenteil sehr willkommen, dass Besucher von außerhalb sich auch überrascht darüber zeigen, welche Reize diese Kleinstadt hat, wo sie auch noch gern am Ort verweilen, ja sogar, wie schön schon die Herfahrt war.
Einigkeit besteht darüber, dass nur hochwertige Arbeiten gefördert werden sollen. Nur: Was bedeutet das? Es gibt keine verbindlichen Qualitätskriterien in der Kunst mehr. Immer wieder wurden im 20. Jahrhundert Grenzen überschritten und der Kunstbegriff ausgeweitet. So erhielt z.B. Marcel Duchamp den Beifall der Kunstwelt als er ein serienproduziertes Urinal in seine Ausstellung stellte und es zum Kunstwerk erklärte. In dieser Situation verbietet sich – jedenfalls an einem Ort mit nur einem Ausstellungsplatz wie Schöningen – eine allzu enge Ausstellungspolitik. Der Verein kennt deshalb auch nicht den einen verantwortlichen Kurator. Vielmehr tritt stets der gesamte Vorstand zusammen, um aus den vorliegenden Bewerbungen das jeweilige Jahresprogramm zu bestimmen. Dabei wird immer eine größtmögliche Breite von Gestaltungsmöglichkeiten angestrebt, ohne dass eine gewisse Linie des Vereins dabei überschritten wird. Darüber hinaus ermutigt der Vorstand auch von sich aus immer wieder Künstler, die gut ins Programm passen würden, sich um eine Ausstellung zu bewerben.
Auf diese Weise hat der Verein sich in der Kunstwelt einen guten Ruf erworben, so dass sich oft deutlich mehr Künstler um eine Ausstellung bewerben, als Termine zur Verfügung stehen. Sie tun das trotz der Entfernung Schöningens von den Metropolen und obwohl sie wissen, dass mit großen Verkaufserfolgen nicht zu rechnen ist. Es lockt sie die Möglichkeit, ihre Arbeiten in einem besonders schönen Rahmen zu präsentieren. Es lockt aber auch die bekannt gute Atmosphäre, für die neben dem Vorstand auch die hiesigen Besucher verantwortlich sind. So waren hier in Schöningen schon die Werke einer beträchtlichen Zahl von Künstlern zu sehen, die in Orten wie Berlin, Köln oder München hohe Preise erzielen.
Immer wieder gab es auch besondere Veranstaltungen, die über den normalen Ausstellungrahmen hinausgingen. Als Beispiele seien in Erinnerung gerufen: der Skulpturenpark, den Hawoli auf der Schlosswiese errichtete, weiterhin Anna Susanne Jahns Arbeit an der „Großen Wand“ im Tagebau, die von einem Workshop begleitet wurde und die mit einer Großveranstaltung in der St. Vincenz-Kirche endete. Erinnert sei auch an die Zusammenarbeit mit der Braunschweigischen Landschaft bei „Kunst findet Stadt“ an sechs Stellen der Innenstadt. Eine besondere Freude hatte der Verein, als die Berlinerin Claudia Hauptmann als Folge ihrer Ausstellung in unseren Räumen von der Stiftung Buchholtz-Fux den Auftrag erhielt, das Jagdzimmer des Elmhauses auszumalen.
Um das Kunstleben in der eigenen Stadt in großer Breite zu beleben, hat der Verein sich wiederholt mit allen hiesigen Schulen zusammengetan und mit ihnen Ausstellungen erarbeitet, die dann mit großem Erfolg in den Galerieräumen präsentiert wurden. Auch die Teilnehmer der Lebenshilfe zeigten ihre Arbeiten am Brauhof. Und als es die Lehrwerkstatt der BKB noch gab, konnten wir den Künstler Michael-Peter Schiltzky gewinnen mit den dortigen Auszubildenden Werke zu erarbeiten, die anschließend in der Galerie und im Schlosspark gezeigt wurden.
Die Eröffnungsveranstaltungen sind fast immer gut besucht und geben – über den Kunstgenuss hinaus – Anlass zu ungezwungenen Treffen und Gesprächen. Das kleine Bistro lädt ein, sich zu Kaffee oder Wein zusammenzusetzen, man freut sich, dass man sich trifft. Der Verbindung von Kunsterfahrung und geselligem Kontakt dienen auch die Ausflugsfahrten, die in unregelmäßigen Abständen durchgeführt werden, teils aus eigener Kraft, teils – wie in der Vergangenheit – in Zusammenarbeit, z.B. mit der St. Lorenz-Gemeinde.
„Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“ Dieser Spruch von Karl Valentin ist deshalb so bekannt und wird so oft zitiert, weil er nicht nur die Künstler betrifft. Auch jeder, der sich mit der Vermittlung von Kunst beschäftigt, macht schnell diese Erfahrung. Einer allein könnte die Aufgaben niemals bewältigen, auch ein kleines Team wäre bald überfordert. So ist der Verein glücklich, dass sich im Laufe seines Bestehens immer wieder genügend Mitglieder gefunden haben, die ihre Kraft und Zeit zur Verfügung gestellt und dadurch das Fortbestehen gesichert haben.
Aber auch jemand, der meint, dass Begeisterung und Idealismus allein ausreichen, stößt schnell an unüberwindbare Grenzen. Und die werden durch die Finanzen gesetzt. Wie auf allen Gebieten des kulturellen Lebens kann ohne finanzielle Unterstützung nichts oder fast nichts gelingen. Die Beiträge der Vereinsmitglieder sind dafür die nötige Basis, reichen aber nicht für alle Ausgaben. Der Schöninger Kunstförderverein ist jedoch in der glücklichen Lage, die Wertschätzung der Stadt so weit zu erfahren, dass sie seine Arbeit im Rahmen ihrer Mittel fördert. Das sichert den Bestand. Die Qualität der Darbietungen wird jedoch erst ermöglicht durch die wohlwollende Förderung durch die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz. Der Verein wird sich mühen, sich diese Unterstützung auch weiterhin zu verdienen.
Volker Sabin (ehemaliger Vorsitzender)
*Künstler: Der Lesbarkeit des Textes zuliebe wird dieses Wort hier als Gattungsbegriff gebraucht und umfasst alle Kunstschaffenden jedweden Geschlechts.
Dieser Text wurde im „Kreisbuch Kunst und Kultur, 2018/19“ veröffentlicht.